Pferde werden oftmals durch eine zu intensive vorwärts-abwärts Dehnung auf dem Vorderbein belastet zu stark belastet. Der Hinterhand wird dadurch die Möglichkeit genommen sich in ihrer Traglast zu entwickeln. Durch die verbesserte Tragfähigkeit wird das Pferd in der Hinterhand immer tiefer, es beugt sich in den Hanken und wird in der Vorhand immer größer. Es richtet sich auf. Dadurch entsteht eine Entlastung der Vorhand.
Die Theorie ist sicherlich sehr gut angebracht, wenn wir sie kennen. Wir müssen daran arbeiten den Weg frei zu machen, dass ein Pferd diese Bewegungen körperlich umsetzen kann. Pferde können sich hinten nur setzen, wenn vorne der Weg frei ist. Dann kann das Pferd aus der Schulter heraus die Vorderbeine frei bewegen.
Ich nehme da gerne die Natur als Beispiel. Beim Laufen auf der Weide kommt ein Pferd niemals auf die Idee die Nase knapp über dem Boden zu halten. Es macht sich groß, um Vorwärts zu gehen zu können.
Nach weitläufiger Meinung wird vorwärts-abwärts geritten, um die Pferde im Rücken zu entspannen und um Muskeln aufzubauen. Allerdings sehe ich die Probleme des Pferdes nicht im Rücken. Selbst beim jungen Pferd ist der Rücken so angelegt, dass ich mit meinem Gewicht darauf sitzen kann. Ich muss erkennen, dass sich mein Pferd in der Arbeit wohlfühlt und die Möglichkeit bekommt den Hals fallen zu lassen. Um das Pferd zu arbeiten und es zu stabilisieren, muss ich ihm vorne den Weg freimachen, so dass der Rückenmuskel mich trägt. Dazu muss ich den tragfähigen Punkt des Rückens finden. Über diese Grenze hinaus dürfen wir nicht gehen. Der Punkt ist weder bei einer zu hohen, noch bei einer zu niedrigen Kopfhaltung des Pferdes zu finden. Dieses Thema haben wir in der letzten Ausgabe ausführlich behandelt.
Aus dieser Haltung des tragfähigen Punktes heraus, finden wir die verbesserte Hinterhandtätigkeit.
Das Pferd kommt hinten tiefer und wird in der Schulter freier. Die Einengung der Schulter spielt eine große Rolle für das Abrollen in der Bewegung.
Es gibt in der Vorhand keine Geschmeidigkeit wie in der Hinterhand. In der Vorderhand kann das Knochengerüst nicht durchfedern, die Muskulatur, Bänder und Sehnen können die Bewegung nicht abfangen.
Ein Pferd kann steigen, es übernimmt dann 100 % ige Last auf das Hinterbein. Das ist das natürlichste auf der Welt. Aber kein Pferd macht einen Handstand.
Zum Beispiel habe ich in Wien einen Araber, der mit seiner Reiterin viel zu eilig war. Diese Eiligkeit hinderte ihn an der Umsetzung seiner Kraft. Es entwickelte sich eine Eigendynamik und er lief nur durch die Gegend. So kam er nicht zur Geschmeidigkeit.
Wir haben das Pferd immer wieder zur Ruhe gebracht. Wenn die Reiterin in der Trabarbeit nicht in der Lage war, das Pferd zur Ruhe zu bringen, dann haben wir Übergänge geritten. Sie parierte zum Schritt durch und trabte neu an. Als beim Antraben die ersten Tritte ruhiger wurden, war klar, das kann nur der richtige Weg sein. Durch diese Übungen wird das Pferd aktiviert und stabilisiert. Das kann manchmal dauern, und wenn mich 100 Paraden ans Ziel führen.
Ebenso ist es in der Galopparbeit, wenn mein Pferd zu eilig zu groß zu schnell galoppiert und ich es nicht zurück in die Versammlung bekomme, dann mache ich es ebenfalls über die Paraden. Ich bringe ihm bei aus dem Schritt anzugaloppieren und wieder in den Schritt durchzuparieren. Über das erneute anreiten bringe ich mein Pferd dazu den ersten Galoppsprung aus der Hinterhand zu finden. So findet das Pferd Vertrauen zu diesem ersten Galoppsprung und zu seiner Kraft. Aus dieser Erkenntnis kommt es dann zu dieser ruhigeren Galoppade.
Genau so ist es im Trab. Wenn das Pferd dadurch gelernt hat ruhig und losgelassen zu traben und nicht übereilt, dann lernt es auch sich zu setzen.
Die meisten Reiter arbeiten viel zu früh an der Aktivierung der Hinterhand. Da wird vorne gehalten und hinten gepiekst und gestochen. Dabei merken die Reiter nicht, dass die Pferde immer eiliger werden. Sie fangen an sich auf die Vordhand zu lümmeln. Die Hinterhandsbelastung wird immer weniger. Das Pferd fängt an zu trudeln. Es ist ein Teufelskreis.
Dann passiert das, was wir eigentlich alle nicht wollen, das Pferd geht auf der Vordhand kaputt. Hufrollenentzündungen entstehen, bis hin, dass die Pferde nicht mehr reitbar sind. Hier können uns die Tierärzte ein guten Eindruck verschaffen, wie viele Pferde an den Vorderbeinen behandelt werden müssen. Natürlich kann ich dem auch vorbeugen, in dem ich ein Pferd nicht 3 jährig, sondern erst 4 jährig anreite. Und wenn ich dann rechtzeitig daran arbeite mein Pferd nicht auf der Vordhand zu belasten, sondern zu entlasten, wird mein Pferd sicherlich 25 Jahre alt und älter.
Diese Einstellung vertrat ich schon vor 50 Jahren. Leider war ich damals damit allein auf weiter Flur. Es hieß immer nur: „Lass ihn treten! Als junge Reiter taten wir wie uns geheißen. Das Pferd fiel in der Bewegung auseinander und es hieß: „Der hat zu wenig Bewegung!“. Wie Sie sehen, muss nicht alles richtig sein, nur weil es schon immer so praktiziert wurde.
Vertrauen Sie auf Ihr Gefühl, wenn Sie ein Pferd losgeslassen, schwungvoll, in harmonischer Vorwärtsbewegung sehen, dann ist die Ausbildung korrekt. Das kann auch Ihr Weg sein.
Ihr Franz-Martin Stankus Text: län
Rufen Sie mich gerne an, wenn Sie Fragen haben unter 0172 – 68 99 11 8. Ich stehe Ihnen als Reitlehrer/Trainer gern zur Verfügung.
32. Ausgabe August/September 2010